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Analyse: US-Wirtschaft wächst auf Pump

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Die Frage nach einer möglichen Rezession wird immer drängender, da die globale Konjunktur überraschend stabil geblieben ist. Sowohl die US-Wirtschaft als auch das Wachstum in der Eurozone haben sich in diesem Jahr über der Nulllinie gehalten. Tilmann Galler, globaler Kapitalmarktstratege bei J.P. Morgan Asset Management, stellt fest, dass die Märkte bereits ihr Urteil gefällt haben und sich nach dem Baisse-Jahr wieder in einem neuen Bullenmarkt befinden. Die Frage ist jedoch, ob das Konjunkturumfeld wirklich so stabil ist, wie es die Märkte antizipieren, und warum der größte Zinsanstieg der letzten 40 Jahre nicht zu einem stärkeren wirtschaftlichen Abschwung geführt hat.

Galler beobachtet einige Anzeichen dafür, dass der fiskalische Rückenwind für das US-Wachstum im vierten Quartal dieses Jahres nachlassen könnte, was vor allem negative Auswirkungen auf Aktien und Hochzinsanleihen haben könnte. Ein entscheidender Faktor für die bisherige Stabilität der Konjunktur ist laut Galler die US-Fiskalpolitik. Die Pandemie hat zu den größten staatlichen Stützungsmaßnahmen der Nachkriegszeit geführt, wobei der US-Staat einen Großteil der wirtschaftlichen Risiken übernommen hat. Die Auswirkungen sind nun sichtbar: Die US-Konsumnachfrage bleibt robust und scheint immun gegen die stark gestiegenen Zinsen zu sein. Die Privathaushalte können sich die teureren Konsumgüter und Dienstleistungen leisten, dank der während der Pandemie angesammelten Ersparnisse, steigender Löhne und nun auch wieder höherer Zinseinkommen.

Eine staatlich induzierte Nachfrage stützt die Konjunktur, was jedoch zunehmend besorgniserregend wird. Das Defizit des US-Haushalts ist zwei Jahre nach dem Höhepunkt der Pandemie immer noch hoch und ist im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) innerhalb eines Jahres von 4,2 Prozent auf 8,5 Prozent angewachsen. Die Tatsache, dass ein großer Teil des aktuellen Wachstums durch Schulden finanziert wurde und mit einem immer schneller wachsenden Schuldenberg erkauft wurde, stellt ein großes Risiko dar. Der jährliche Finanzierungsbedarf und die Zinsbelastung für neue US-Schuldtitel steigen entsprechend.

Im Verlauf des vierten Quartals könnten sich die Vorzeichen für das US-Wachstum entscheidend ändern. Die neue Schuldenobergrenze erfordert ausgabenreduzierende Maßnahmen, und Steuerstundungen in Kalifornien laufen aus. Die höheren Finanzierungskosten wirken sich auch bremsend auf den Privatsektor aus. Die vermeintliche Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft hat die Bewertungen einiger risikoreicher Segmente bei Aktien und Hochzinsanleihen in die Höhe getrieben. Anleger sollten beachten, dass im Falle einer verspäteten Rezession die Fallhöhe in diesen Bereichen besonders groß ist, fasst Galler die Auswirkungen auf die Kapitalmärkte zusammen.

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